Satt essen könne sich nur wenige

Satt essen könne sich nur wenige
Freisinger Tagblatt, 05.07.2019
von Maria Martin

Die Sitzplätze für die „Reichen“ waren begrenzt. Wenn beim GloboDinner des Klimaforums Freising am Donnerstagabend der Blick von oben in den Renaissance-Innenhof des Kardinal-Döpfner-Hauses fiel, war das schon ein merkwürdiges Gefühl. Es war nur ein einziger Tisch eingedeckt: mit weißem Tischtuch, Tellern, Wasser und Wein. Wer dort Platz nehmen durfte, das entschied eine Karte, die jedem Teilnehmer am Eingang zugewiesen wurde.

Am eigenen Leib zu verspüren, wie die ungerechte Verteilung von Lebensmitteln den Hunger in der Welt auslöst: Das war die Intention des Workshops, den die Wirtschaftswissenschaftler Josef Nussbaumer, Andreas Exenberger und Stefan Neuner von der Universität in Innsbruck vorbereitet hatten. Im imaginären Dorf „Globo“ trafen „Reiche“ und „Arme“ aufeinander. „Ich bin Suraya, 38 Jahre alt und arbeite in einer Textilmanufaktur. Ich wünsche mir, dass endlich die Löhne steigen.“ Das war auf einer der 70 Karten vermerkt, die Stefan Neuner am Portal zum Kradinal-Döpfner-Haus verteilte.

In der Mitte der Karte war in roter Farbe der monatliche Verdienst vermerkt. Dieser bestimmte, wo man sitzen durfte – an der reich gedeckten Tafel, an den Tischen, an denen Wasser ein kleines Schälchen Reis kredenzt wurde, oder an den Tischen, die gänzlich leer blieben. Dass dieser Platz, den man in der Gesellschaft einnehme, eigentlich durch die ungleiche Verteilung von Lebensmitteln, generiert werde, das betonte Andreas Exenberger.

Hunger oder Satt-Sein, das sei kein Produktionsproblem sondern ein Verteilungsproblem. Über 800 Millionen Menschen auf der Welt würden Hunger leiden. Geerntet werde rund ein Drittel mehr, als benötigt werde, um alle Menschen ausreichend zu versorgen. Es sei genug für alle da, Sagte Exenberger.

Doch viele der Nahrungsmittel landeten nicht auf den Tellern der Menschen, sondern im Müll oder würden zur Energiegewinnung herangezogen. Wie etwa ölhaltige Pflanzen, die zur Produktion von Biodiesel verwendet würde. Eigentlich müsse das „Todesdiesel“ heißen, meinte der Wissenschaftler.

Welchen „Ausweg“ es gebe? „ Was kann man gegen Hunger?“, das war die Frage, die zum Schluss des Workshops im Raum stand. „Wir brauchen Demokratie, Ethik und kirgisisches Bewusstsein“, forderte Exenberger. In 50 Liter Bioethanol steckten 232 Kilo Mais. Davon könne ein einzelner Mensch ein ganzes Jahr lang satt werden.“ Es sei ein Aspekt der Ethik, an andere zu denken.

„Lernen wir die Kultur des Teilens“, so Tenor zum Schluss. Die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf stelle sich der Problematik, betonte Präsident Eric Verliert. Gemeinsam mit der Stadt, der Stiftung Bildungszentrum und dem Studentenwerk München habe man mit dem GloboDinner den Grundstock für das Klimaforum Freising gesetzt. Weitere Veranstaltungen sollen folgen.